Schweden 5

Mittwoch, 26. Juli 2023 – Höchster Wasserfall Schwedens

Es nieselt und ist nass und trüb, eigentlich nicht der ideale Tag für eine Wanderung von 4 km. Dennoch machen wir uns auf zum Njupeskaer im Fulufjaellet Nationalpark. Auf dem Parkplatz stehen ein paar Autos und ein Verkehrsdienstauto erwartet die Ankömmlinge mit laufendem Motor beim Eingang und zeigt uns, wo wir parkieren sollen. Wir sind also nicht die Einzigen, die diese Gegend erkunden möchten. Ausgerüstet mit entsprechender Kleidung machen wir uns um 9h auf den Weg. Einige gut markierte Wanderwege führen über breite Holzplanken und befestigte Schotterwege, aber auch über Stock und Stein. Wir wandern zum Wasserfall Njupeskaer. Dieser, der höchste Wasserfall Schwedens, ist 125 m hoch und hat von 90 m einen freien Fall. Auf dem Weg bleiben wir immer wieder stehen, lesen Infotafeln über Fichten, Pflanzen oder Tiere. Der Wald, mit Moos überwachsene Steine, umgestürzte Bäume, Pilze, Schachtelhalmfelder, kleine Bäche bieten schöne Einblicke in die Natur und natürlich schöne interessante Fotosujets.

So brauchen wir natürlich etwas länger als die angegebene Zeit, aber wir haben ja Zeit. Kurz vor dem Wasserfall geht’s über Treppen hinab zum Fluss und dann mit Blick auf den Wasserfall auf einem breiten Holzplankenweg zum Ziel. Es nieselt immer noch und der Nebel umhüllt die steinigen Berghänge und auch ein bisschen den imposanten Wasserfall. Die Gischt lässt Farne in den Steinen wachsen. Der Nieselregen stört uns nicht besonders, gibt dem Ganzen irgendwie sogar einen besonderen Reiz. Auf einem anderen Weg kehren wir zum Ausgangspunkt zurück.

Überrascht nehmen wir die vielen Autos war, die jetzt auf dem Parkplatz stehen und die, die in Strömen kommen. Unglaublich, und dies bei diesem Wetter! In unseren Breitengraden würde man einen anderen Tag mit besserem Wetter wählen. Wir sind nicht in der Schweiz, sondern in Schweden und da spielt sich das Leben draussen anders ab. Glücklich und zufrieden hängen wir unsere nassen Regenschütze und Kleider im VW Bus an unserer Stange auf. Die Heizung wird aufgedreht, so dass alles möglichst schnell trocken wird, denn gemütlich ist es in unserem Zuhause momentan nicht. Wir verlassen nach einem kleinen Mittagessen um 12h den Wanderparkplatz.

Auf einer kleinen Strasse fahren wir Richtung der Grenze zu Norwegen. Kurz davor entdecken wir einen hübschen Picknickplatz und diesen nutzen wir für Kaffee, Tee und den Dessert. Hier scheint sogar die Sonne und wir geniessen bei 13,5° den Desserthalt. Auf einer mit Schlaglöchern durchsetzten Schotterstrasse geht’s weiter. Man merkt kaum, dass man die Landesgrenze überquert. Dies ist eher ein wenig genutzter Grenzübergang in der Pampas. Wir haben eigentlich einen wichtigen Hauptgrund nach Norwegen zu fahren. In einem Rema 1000 (Lebensmittelgeschäft) möchten wir unsere feinen Surshild-Fisch-Gläser kaufen und sonst noch so ein paar feine Dinge, die wir im 2019 kennengelernt haben. Um einen Laden zu finden, müssen wir erstmals in die Zivilisation kommen. In Elverum werden wir fündig und mit Freude durchstöbern wir die Fischgestelle. In unserem Einkaufswagen haben 3 Surshild-Töpfe, ein grosser Grill-Lachs in einer Aluschale, leckere Burger aus Rindfleisch und Fisch, norwegischer Käse etc. Platz. Die Menge muss im Auge behalten werden, denn es muss alles Platz im Kühlschrank, Kühltasche und im Kofferraum verstaut werden.

Da wir noch Wasser im Cali benötigen, suchen wir die neue und gut eingerichtete Versorgstation in Elverum auf. Jetzt ist alles voll und wir fahren 20 Minuten zu einem Badeplatz am Lisjoen-See. Es sind zwar ein paar Hütten in unmittelbarer Nähe, aber da wenige davon bewohnt sind, übernachten wir dennoch hier. Der Bade- und Picknickplatz ist super und wir nutzen einen der Holztische bei der auf einen Seite offenen Hüttchen mit Blick auf den See. Hier lässt sich’s leben! Schnell grillieren wir unsere Steaks und dazu gibt’s Teigwaren und Gurken. Es ist so richtig gemütlich in dem Hüttchen und wir verbringen einen herrlichen Abend und lassen uns die Sonne warm ins Gesicht scheinen. Bis auf ein Mann, der mit seinem Kanu auf den See fährt, sind wir alleine. Ein Bad im See lassen wir uns nun nicht entgehen. Es tut gut und ist erfrischend!

Währendem Urs den Abwasch tätigt, sortiere und bearbeite ich Fotos für die Webseite. Im Anschluss freuen wir uns zusammen im Hüttchen mit einem guten Drink ein Spiel zu spielen. Erst spät ziehen wir uns ins Auto zurück.

Donnerstag, 27. Juli 2023 – Abstecher nach Norwegen

Leider ist der Himmel bedeckt und ich nutze den Morgen für das Schreiben der Berichte, die Webseite und die Tourenkarte. Wir haben Freude an unserer Seite, an den Karten und bebilderten Berichten. Das Mittagessen kochen wir wieder an «unserem Holztisch». Es gibt Fleisch- und Fischburger. Köstlich! Urs übernimmt wieder den Abwasch und ich räume das Auto abfahrbereit auf. Dies ist Arbeitsteilung und wir sind so am Schnellsten. Es ist mittlerweile 15h50, aber dies stört uns heute nicht, obwohl wir heute noch eine längere Fahrstrecke vor uns haben. In Norwegen fahren wir südwärts, tätigen nochmals schnell einen kleinen Einkauf, bevor wir um 18h45 wieder die Grenze zu Schweden passieren. Es ist wieder eine «grüne Grenze» und wir sind nun etliche Kilometer auf Schotter unterwegs. Dies ist mit den Allterrainreifen entspannter, als mit normalen Pneus. Wir haben in anderen Jahren schon einige Autos am Strassenrand mit einem Platten gesehen. Um 19h45 finden wir im Wald bei einem Naturpark einen Schlafplatz. Es ist absolut still um uns, nur ab und zu hört man im See Wasser plätschern. Vielleicht von einem Fisch oder einem Frosch, der hineingesprungen ist. Urs liest in einem Buch und ich pflücke schöne Heidelbeeren. Leider schwirren mir die Mücken um den Kopf, aber mit meinen Antimückenkleider bin ich gut gerüstet. Im Auto essen wir ein schmackhaftes kleines Abendessen. Es gibt Brötchen, geräuchertes, dünn geschnittenes Lammfleisch und Surshild. Mmh, schmeckt wunderbar. Unser Einkauf in Norwegen hat sich mehr als gelohnt! In dieser Stille können wir sicher bestens schlafen.

Freitag, 28. Juli 2023 – Friedhof der anderen Art

Am nächsten Morgen lassen wir uns Zeit und essen unsere gepflückten Heidelbeeren mit Vanillequark. Heute steht ein Friedhofsbesuch besonderer Art auf dem Programm. Die Brüder Ivansson eröffneten 1956 einen erfolgreichen Autoschrottplatz. Zu dieser Zeit war Norwegen ein Land mit einer schwachen Wirtschaft. Die Ölvorkommen waren noch unentdeckt, und um den Binnenhandel zu fördern, wurden auf Autos hohe Zölle erhoben, was die Brüder Ivansson im grenznahen Schweden zu ihrem Vorteil nutzten. Die Schotterstrasse zwischen dem Schrottplatz und Norwegen war einst eine wichtige Handelsstrasse. In der Nähe von Bastnäs gab es eine Zollstation, die den Verkehr sorgfältig kontrollierte. Ein Norweger, der in Schweden ein günstiges Auto kaufen wollte, hatte zwei Möglichkeiten. Entweder konnte er seine Neuanschaffung in drei Teile, Motor, Karosserie und Radachsen, bei verschiedenen Gelegenheiten nach Norwegen bringen und dann zusammenbauen, oder er konnte eine norwegische Nummer mitbringen und bekam Schrauben von den Brüdern um das Kennzeichen zu befestigen. So konnte man mit dem neuen Auto durch den Zoll fahren. Die Ivansson Brüder wurden bekannt und es lief alles gut. Als die Norweger Ende der 1970er Jahre begannen, eine bessere Wirtschaft zu bekommen, wurde es für den Schotthandel zunehmend schwieriger, bis sie die Schrottlizenz verloren. Seither stehen etwa tausend Autos auf zwei Hektaren verstreut im Wald. Es gibt in Schweden noch einen Schrottplatz, nämlich in Ryd, den wir im 2019 angeschaut haben. Wir verweilen 2 Stunden auf dem Schrottplatz und schlendern durch die Reihen von aufeinandergestapelten Schrottautos. Man kann immer wieder Neues entdecken. Die Natur holt sich so einiges wieder zurück. Moos beginnt auf den Autodächern, an den Fenstern, an den Achsen zu wachsen. Die Polster sind verrottet, Lampen, Armaturen, Nummern fehlen komplett. Vereinzelt entdecken wir zersplitterte Scheiben und alte Pneus. Die Farbe der Autos ist meist noch erkennbar. Bei einem Auto wächst eine Birke im Auto und man kann sehen, wie mit der Zeit alles überwuchert und Bäume in den Fahrzeugen zu wachsen beginnen. Der VW-Käfer scheint ein beliebtes Fahrzeug gewesen zu sein, denn davon hat es eine ganze Menge.

Heute ist die Schotterstrasse eine Schmugglerstrasse und wir sehen eine Videokamera, welche die Grenze beobachtet. Wir sind wieder in Norwegen und fahren über Land auf einer Schotterstrasse an etlichen Bauernhöfen vorbei. Die Norweger haben auch hübsche Holzhäuser, aber nicht unbedingt in rot wie die Schweden, sondern viele in Weiss und anderen Farben. Die Gärten, Terrassen und Hauseingänge wirken sehr gepflegt. Wir kommen an der Stromsfoss-Schleuse vorbei, welche wir uns kurz ansehen. An einem der Picknicktische trinken wir Kaffee und Tee und essen einen Zvieri.

Als Übernachtungsplatz haben wir einen 4×4 Platz an einem See ausgewählt. Der Zufahrtsweg ist ziemlich zugewachsen und schmal, so dass ich mir zu Fuss ein Bild der Situation verschaffen möchte. Es wird gehen und am Ende des Weges erwartet uns ein schöner Platz. Daneben ist ein kleiner Sandstrand, den wir für ein Bad nutzen. Hier wird uns wieder keine Menschenseele begegnen und das ist gut so für uns. Zum Abendessen braten wir Fischkakker aus Norwegen und Cervelat aus der Schweiz. Also ein ganz internationales Abendessen! Den Abend verbringen wir in unserem warmen Bus. Schon zum zweiten Mal habe ich mir eine Zecke eingefangen und diese heute übertrifft mit ihrer Grösse alle bisherigen Zecken, die wir in unserem Leben schon gesehen haben. Zum Glück habe ich sie gleich bemerkt und Urs kann sie mir nach einigen erfolglosen Versuchen herausziehen. In Schweden sind Zecken anscheinend auch recht verbreitet. Wir werden an unserem Platz am See sicherlich gut schlafen.

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